Satirischer Monatsrückblick Juli 2015

von | Juli 31, 2015 | Satirischer Monatsrückblick

Für den satirischen Monatsrückblick Juli bedarf es eines weiten Ausholens. Quasi ein Anlaufnehmen im Mai.
Menschen, die in den letzten zwei Monaten bei meinen Auftritten waren, kennen diese Geschichte, ich erzähle sie seitdem als eine der Zugaben. Die Geschichte ist wahr. Nichts dazu gedichtet, nichts dramatisiert, eine Geschichte, die das Leben schrieb.

Als ich im Mai zwei Gastspiele in der Berliner „Distel“ gab, fuhr ich nach dem Auftritt mit der U-Bahn in meine Unterkunft. Es war spät, gegen 22.30 Uhr, ich war müde. Umso mehr nervte mich ein alkoholisierter Mann, der immer wieder laut „Deutschland!“ rief. Ich ordnete ihn der rechten Szene zu, weil er noch andere Parolen laut durch die U-Bahn grölte, die ich an dieser Stelle nicht wiederholen mag.

Wie bei der Berliner U-Bahn üblich, schnarrte auf dem Bahnsteig die Lautsprecherstimme: „Zurückbleiben bitte!“. Dann schloss die Tür. An einer Station jedoch, wollte ein Passagier vermutlich die Tür zur Abfahrt nicht freigeben, denn die Lautsprecherstimme wiederholte drei, vier Mal ein immer intensiver werdendes: „Zurückbleiben bitte!“

"Zurückbleiben bitte!"

„Zurückbleiben bitte!“

Mein dumpfbackiger Parolenschreier fühlte sich dadurch vermutlich gestört und antwortete der Lautsprecherstimme: „Was willste denn, ich bin doch zurückgeblieben!“

Wie wahr, dachte ich. Und wie du zurückgeblieben bist.
Du bist genau so zurückgeblieben wie all deine Kameraden oder wie auch immer ihr euch untereinander nennt. Zurückgeblieben wie all diejenigen, die im Juli wieder Flüchtlingsunterkünfte angekokelt haben oder ankokeln wollten. Die einfach nicht kapieren, dass es hier nicht um Flüchtlinge, Asylbewerber oder Ausländer geht. Es geht in erster Linie um eines: Menschen! Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind.

Aber was willst du von jenen erwarten, denen die Sonne zu heiß auf die Glatze schien. Mitgefühl? Sie haben selbst nie Bedrohung, Not und Elend am eigenen Leibe gespürt.

Nun wird der geneigte Leser vielleicht einwenden: „Moment! Musikantenstadl und Andrea Berg sind auch ein Zeichen von Not und Elend. Marianne und Michael stellen für den modernen Menschen auch eine Art Bedrohung dar.“
Das, geneigter Leser, ist etwas anderes. Als intelligenter Mensch kannst du das tolerieren, kannst gewähren lassen, empfindest Mitleid. Aber du würdest doch nie – nur weil es deinem Gemüte widerspricht – Bierzelte anzünden, in denen „Die Höhner“ singen.

Fassonschnitt

Andererseits, wenn du in einer Gesellschaft groß wirst, in der du für die Politik nur ein Steuerzahler bist, für die Wirtschaft die Kaufkraft, für deinen Arbeitgeber ein Kostenverursacher, dann kann es sein, wenn dein Hirn keine großen Sprünge macht, dass du aus dem Auge verlierst, es geht immer nur um: Menschen!

Und was die rechten Glatzen betrifft, das Problem ist, dass es nicht mehr nur Glatzen sind. Der ein oder andere Fasson-Schnitt ist auch dabei. Selbst frustrierte Rentner laufen zur Hochform auf und Hausfrauen mutieren zu Möchtegern-Eva-Brauns. Diese alle haben zumindest eines gemeinsam: Sie werden einen leichten Tod sterben, denn sie brauchen keinen Geist aufzugeben!

Wenn Sie, geneigter Leser, also demnächst auf der Straße oder wo auch immer einem rechten Parolenschreier begegnen, halten Sie Abstand von ihm, rufen Sie ihm zu: „Bitte zurückbleiben!“ Vielleicht wird er Ihnen antworten: „Ich bin doch zurückgeblieben!“ Und dann denken Sie: Richtig!

In diesem Sinne kommen Sie gut in den August. Genießen Sie Ihren Urlaub und nicht vergessen: Immer schön lächeln!


Fotos: By Jcornelius (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons; Bundesarchiv, Bild 102-11502 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons

Spruch des Monats
„Gar nichts zu tun, das ist die allerschwierigste Beschäftigung und zugleich jene, die am meisten Geist voraussetzt.“
Oscar Wilde