Satirischer Monatsrückblick August 2016

von | Aug 30, 2016 | Satirischer Monatsrückblick

Ich war im August dermaßen mit Hamsterkäufen beschäftigt, dass ich es fast nicht mehr geschafft hätte, den Satirischen Monatsrückblick zu schreiben.
Gott sei Dank hat mich die Bundesregierung in Form ihres apokalyptischen Sehers, Thomas de Maiziere, rechtzeitig gewarnt. Vor dem Ernstfall.

Naturkatastrophen, Reaktorunglück, Terrorgefahr. Ich bin vorbereitet. Mein Keller gleicht einem Atomschutzbunker. Sendemast, Hausapotheke, Tarnanzug, alles liegt einsatzbereit an seinem Platz. Die Konserven reichen locker für einen dreißigjährigen Krieg. Als Vorsorge-Vollprofi habe ich mir natürlich ein Zweitdepot in Süddeutschland eingerichtet, falls ich mal von zu Hause zu weit weg bin.

Stimmt natürlich nicht. Alles erfunden. Ich lebe weiter wie bisher. Mein Keller steht voller Ramsch und im Kühlschrank liegen drei Tafeln Schokolade, ein angebrochener Joghurt und eine Flasche Wodka. Halbvoll.

Die Bundesregierung hat das Konzept zur zivilen Verteidigung ausgearbeitet. Für den Ernstfall. Terrorgefahr undsoweiter. Ich lese mir die Liste mit den Empfehlungen für den Notvorrat an Lebensmitteln durch und denke, da musst du den halben Supermarkt zu Hause bunkern.
Außerdem, zivile Verteidigung mit Ravioli-Dosen und Trockenpflaumen? Bereits 2012 hat der Haushaltausschuss des Bundestages die Überarbeitung des Zivilschutzkonzeptes in Auftrag gegeben. Ist aber jetzt erst fertig geworden. Ich vermute, es gab einen Engpass an Spreewaldgurken. Oder sie konnten sich nicht einigen, ob nun Ananas- oder Pfirsichdosen auf die Notfall-Liste sollen. Ich für meinen Teil könnte gut auf den Spargel verzichten. (Wozu brauchst du im Ernstfall Spargel?)

Hamster(n)

Hamster(n)

Opa Schlawutzke von nebenan baut seit einer Woche an einem riesigen Käfig in seinem Vorgarten.
„Was machst du da, Opa Schlawutzke?“, frage ich ihn über die Hecke rüber.
„Ist für die Hamster“, sagt er und drischt einen Nagel in die obere Querstrebe, „die Regierung hat doch zu Hamsterkäufen geraten. Ich hab sie alle. Morgen werden sie geliefert: Goldhamster, Teddyhamster, Dsungarische Zwerghamster und den chinesischen Streifenhamster.“
„Da hast du sicher etwas falsch verstanden…“
„Nee, nee, ist zur Vorsorge. Für den Ernstfall. Der Russe steht vor der Tür“, unterbricht er mich.
„Aber Opa Schlawutzke, Hamsterkäufe bedeutet, Lebensmittel anhäufen. Und vor deiner Tür steht nicht der Russe, sondern höchstens Vladiana von der rumänischen Bettel-Mafia.“
Nach einem Bierchen lässt sich Opa Schlawutzke überzeugen und wir gehen gemeinsam die Notfall-Liste durch. Nudeln, Reis, Kartoffeln, Zwiebeln, Kübelspritze für den Brandschutz.
„Als Brandschutz hätte ich lieber einen Kasten Pilsner.“
Sogar eine Atemschutzmaske steht mit auf der Liste – klar, wegen der Zwiebeln.
„Atemschutzmaske?“, fragt Opa Schlawutzke, „So ein Schnuffi kenne ich noch vom Krieg.“
„Eine Gasmaske setze ich nie wieder auf“, inzwischen ist seine Frau dazugekommen, „da gibt es doch bestimmt was Moderneres heutzutage. Geht nicht auch ne Burka?“

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz empfiehlt allen Deutschen: „Ihr Ziel muss es sein, 14 Tage ohne einkaufen überstehen zu können.“
Das kann man gut trainieren: Einfach mal einen ganzen Samstag zu IKEA gehen, dann gehst du freiwillig 14 Tage lang in kein Geschäft mehr.
Außerdem ist die Notfall-Liste ziemlich undifferenziert. Männer brauchen doch etwas anderes als Frauen. Ich zum Beispiel komme mit einer Unterhose locker durch die 14 Tage. Bei meiner Frau sieht das etwas anders aus.

Aber es geht ja nicht nur um Terrorgefahr, sondern wie sich private Haushalte allgemein auf Krisenlagen vorbereiten. Also auch bei Naturkatastrophen. Hochwasser, Hitzewelle, Sturmschäden und Schneechaos. Oder wie man früher gesagt hätte: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Die vier Jahreszeiten sind doch die wahre Bedrohung für unser Land.

Notfall-Rucksack


Überlebenstrainer Peter Wörner empfiehlt auf morgenpost.de, jeder Bürger sollte einen Notfallrucksack gepackt bereitstehen haben.
Auf „bento“, der „Bravo“ für Spiegel-Online-Leser, beschreibt Nicole wie furchtbar es war, im November 2005 nach einem Schneesturm drei Tage ohne Strom zu leben.
„Das Telefonnetz war zusammengebrochen, das Internet ging auch nicht“, jammert sie.

Herr, lass Hirn vom Himmel regnen.
Das Telefonnetz war zusammengebrochen – das passiert bei meinem Mobilfunknetz jedes Jahr zu Silvester.
Internet und Festnetz gehen nicht – das bieten mir Kabel Deutschland und Vodafone im Vier-Wochen-Rhythmus. Sie sind ein regelrechtes Trainingscamp für Totalausfall.
Und, liebe Nicole, wenn Freundschaften nur aus Facebook-Kontakten bestehen, fühlt man sich bei Stromausfall eben ziemlich einsam. Aber manchmal liegt es halt nicht nur am Strom, wenn die Birne nicht leuchtet.

Einen Vorteil haben Hamsterkäufe allerdings. Die umsorgte Helikopter-Mutter freut sich. Nachdem sie ihren Sohnemann Lars Hendrik Schnürsenkel Frederik mit dem niegelnagelneuen SUV zur Schule kutschiert hat, kann sie anschließend beim Hamsterkauf den Stauraum ihres Hausfrauenpanzers endlich einmal so richtig ausnutzen.

Und vielleicht geht es gar nicht um den Hamsterkauf, sondern um das Hamsterrad. Und zwar genau das Hamsterrad, in dem uns die Bundesregierung drin hecheln sehen will. Denn die Rationen an Frischfleisch, Brot, Gemüse und Eiern müssen ja ständig neu aufgefüllt werden im Vorsorgekeller.
Da bist du beschäftigt. Da hast du zu tun. Da bekommst du die anderen Dinge gar nicht mehr mit. Zum Beispiel dass deine Bank wieder einmal die Kontogebühr erhöht hat. Das ist doch der wahre Terror.

Einen Tipp hat mir Opa Schlawutzke noch gegeben: „Als Kriegsveteran weiß ich, die wichtigste Währung in Krisenzeiten sind Zigaretten, Schokolade und Schnaps.“
Da lieg ich ja mit dem Inhalt meines Kühlschrankes gar nicht so verkehrt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, geneigter Leser, einen guten Start in den September. Und falls man Sie dieses Jahr beim Münchner Oktoberfest nicht reinlässt, liegt das vielleicht an dem Notfallrucksack auf Ihrem Rücken. Beim Oktoberfest gilt nämlich ab diesem Jahr Rucksackverbot. Wegen Terrorgefahr.
Ein Tipp – einfach den Rucksack wegschmeißen und: Immer schön lächeln!


Fotos: von Sqrt (Andreas Hein) (Eigenes Werk) [oder CC BY 3.0], via Wikimedia Commons; von Rocketpacks (Eigenes Werk) [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons;>p

Spruch des Monats
„Gar nichts zu tun, das ist die allerschwierigste Beschäftigung und zugleich jene, die am meisten Geist voraussetzt.“
Oscar Wilde