Satirischer Monatsrückblick Februar 2019

von | Feb 28, 2019 | Satirischer Monatsrückblick

Der Februar erteilte uns wieder einmal eine Lektion in Realsatire. Durch Online-Presse und soziale Medien ging der Auftritt einer Frau. Einer Unbekannten. Einer unbekannten Frau mit Doppelnamen.
Frau Gabriele Möller-Hasenbeck erboste sich während einer Karnevalssitzung über die Doppelnamen-Witze eines gewissen Bernd Stelter, offiziell abgesegneter Karnevals-Jeck der Kölner Närrinnen und Narren.

Annegret Kramp-Karrenbauer war das Objekt, das das Zwerchfell erschüttern sollte. Eine Frau, die im Volksmund kurz AKK genannt wird, weil viele sich fürchten, den Namen nicht korrekt aussprechen zu können. Der Standesbeamte hätte die derzeitige CDU-Vorsitzende doch warnen müssen vor solch einem Namen, so Stelter.
Dem kann man nur hinzufügen, sie soll froh sein, dass sie nicht Kramp-Warrenbauer heißt, sonst würde das Volk sie logischerweise AKW nennen.

AKW und AKK

AKW im Zusammenhang mit dem CDU-Vorsitz käme zu Zeiten erneuerbarer Energien gar nicht gut. Zumal die meisten AKW nicht sicher sind und abgeschaltet werden sollen. Denn wohin mit dem atomaren Restmüll und den Brennstäben, mal abgesehen von der Störanfälligkeit solcher AKW.
Um es kurz zu machen, hieße AKK AKW, gäbe das den Witzereißern noch mehr Pulver für die satirische Schrotflinte.

Nun gehöre ich ja selbst zu diesen Witzereißern, denn schließlich bin ich nicht nur ein Verfechter der geschliffenen Satire, sondern auch des niederschwelligen Humors. Und auch mein Zwerchfell reagiert, wenn ich bestimmte Doppelnamen lese oder höre.

Hier eine kleine Auswahl aus der politischen Landschaft:
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP),
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD),
Margaretha Hölldobler-Heumüller (Die Grünen),
Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU),
Anett Kleine-Döpke-Güse (CDU),
Barbara Dudda-Dillbohner (SPD).

Ja sicher kann ich über diese Namen lachen. Aus einem einzigen Grund: Weil sie lustig klingen.

TSG

Und nur am Rande: Der SPD-Vorsitzende Hessens, Herr Thorsten Schäfer-Gümbel, wird seit Jahren TSG genannt. Hat sich darüber schon einmal eine Turn- und Sportgemeinschaft aufgeregt?
Fairerweise muss man sagen, über den Namen TSG hat auch noch kein Karnevalist Witze gerissen. Das liegt jedoch wohl eher daran, dass die SPD selbst ein Witz ist.

Zurück zur Karnevalssitzung und Frau Möller-Hasenbeck. Man kann ja von der ganzen Narretei halten, was man will. Und ob einem die Witze von Stelter gefallen, steht auf einem anderen Blatt Klopapier.
Aber mit wie vielen Klammersäcken musst du gepudert sein, wenn du dich auf eine Kölner Karnevalssitzung begibst und dich dann über flache Witze aufregst?
Das wäre ja genauso, als wenn du in eine öffentliche Sauna gingest und dich beschwertest, dass es so heiß ist. Und nackte Männer sitzen dort auch noch rum, wie sexistisch!

Nun hat uns ja vor nicht allzu langer Zeit unsere aller Noch-Kanzlerin Frau Merkel in die satirischen Schranken gewiesen. (Sie erinnern sich: ein gewisser Herr Böhmermann hatte ein gewisses Gedicht dem türkischen Präsidenten gewidmet.)

Seitdem treibt die Gier nach Political Correctness immer dreistere Blüten: Keine Witze über Politiker, keine Witze über Schwule, über Frauen, über Rentner, über Religion. Und jetzt auch noch keine Witze über Doppelnamen.

Die Humorzone Deutschlands ist auf ein kleines Ghetto geschrumpft. Jeder fühlt sich mittlerweile durch alles irgendwie beleidigt, diskriminiert und auf den Schlips getreten. Jede noch so kleine oder große Gruppierung beharrt darauf, dass man sie ausschließe von Witz und Satire.
Und ich sage: Nein! Das wäre ja Ausgrenzung pur. Eine Art positiver Rassismus.

Die Humorlosigkeit oder die politische Korrektheit der Möller-Hasenbecks hierzulande erinnert an ein Zitat von Bertolt Brecht:

„Es ist schlimm, in einem Lande zu leben, in dem es keinen Humor gibt. Aber noch schlimmer ist es, in einem Lande zu leben, in dem man Humor braucht.“
Und man möchte hinzufügen: „Am schlimmsten ist es, in einem Land zu leben, in dem die Menschen keinen Humor wollen.“

Wie weit ist es eigentlich von dieser übertriebenen politischen Korrektheit zu einem gefährlichen Denunziantentum?
Unser Land braucht nicht noch mehr Political Correctness, unser Land braucht Mut zu kreativem Ungehorsam.

Will als Buche wiedergeboren werden: Uschi Glas

Keine Witze über Frauen, keine Witze über Rentner, keine Witze über…
Wenn du dem Komiker den Witz nimmst, was bleibt ihm dann?
Wir beerdigen damit das Kabarett, die Satire und die Comedy. Jawohl, auch die Comedy, denn Witze über Handtaschen, Fraueneinparken und Schuhekaufen sind tabu!
Wir plaudern demnächst nur noch über die monatliche Durchschnittstemperatur und krampfen uns ein müdes Lächeln ab.

Diese – also die monatliche Durchschnittstemperatur – lag im Februar 2019 übrigens bei 3,9 Grad Celsius. Das hatte wiederum zur Folge, dass wir bereits im Februar einen starken Pollenflug von Birke und Erle hatten.

Was gab es sonst so im Februar?
Bruno Ganz ist gestorben. Karl Lagerfeld ebenfalls. Uschi Glas wurde 75 Jahre alt und gestand in einem Interview, sie wolle als Buche wiedergeboren werden. (Buche und Erle wären blöd, Sie wissen, wegen des Pollenflugs.)

Der verstorbene Karl Lagerfeld hatte übrigens auch ein spezielles Verhältnis zum Witzereißen. Spiegel-online zitiert ihn mit den Worten: „Ich kann nur deshalb keine Witze machen, weil ich ja selbst ein laufender Witz bin.“
Der Mann hatte nicht nur Stil, sondern auch Humor.

In diesem Sinne starten Sie gut in den März. Und ob Ihr Klingelschild ein Doppelname ziert oder nicht: Immer schön lächeln!


Fotos: Tbachner [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons; Olaf Kosinsky [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons; Simsalabimbam [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons; Siebbi [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Spruch des Monats

„Ich kann nur deshalb keine Witze machen, weil ich ja selbst ein laufender Witz bin.“

Karl Lagerfeld