Satirischer Monatsrückblick Juni 2017

von | Jun 30, 2017 | Satirischer Monatsrückblick

Ja, das war ein Monat, der Juni.
Schleierfahndung, Gesichtsscanner, Entschlüsselung von Whatsapp, die Vorschläge für die Überwachung der Bürger bei der Konferenz der Innenminister in Dresden nahmen Züge an, die den Ex-Stasichef Erich Mielke hätten mit der Zunge schnalzen lassen.
Der Bayrische Innenminister Hermann will in Zukunft sogar Fingerabdrücke von sechsjährigen Kindern nehmen lassen. Der Grund: Kampf gegen Terror!

Irgendwie zum Schieflachen, wenn es nicht so traurig wäre. Irgendwie klingt das alles nach einem James-Bond-Film aus den siebziger Jahren: KGB, Mossad und MI6 spionieren um die Wette.
Die bittere Realität: Der Bundestag hat im Juni ein Gesetz verabschiedet, das den staatlichen Zugriff auf private Computer und Handys erlaubt. Der Grund: Kampf gegen Terror!

Sie sollten also, geneigter Leser, gewisse „Reizwörter“, die bei den Geheimdiensten Großalarm auslösen, in Zukunft vermeiden. Eine SMS mit dem Wortlaut: „Hallo Schatz, du bist echt ne Bombe. Das war eine Super-Party gestern, gesoffen bis zum Anschlag. So, jetzt sprenge ich den Rasen, dann bring ich den Koffer zum Bahnhof.“

Gaaaanz schlecht! Bombe, Koffer, Anschlag, sprengen – da leuchten sämtliche rote Lämpchen bei den Staatsschnüfflern.

Wenn du deiner Ex-Frau eins auswischen willst, schickst du ihr über WhatsApp eine Nachricht: „Hallo Susi, hast du den Sprengstoff und die beiden Koffer für das Attentat am 30. Februar gut versteckt?“
Und schon kannst du dir sicher sein, dass deine Ex vom Geheimdienst Besuch bekommt und stundenlangen Verhören ausgesetzt ist.

Nun werden Sie vielleicht sagen, was für ein Schwachsinn, den 30. Februar gibt es doch gar nicht. Genau! Aber geblendet vom Kampf gegen den Terror wird Ihnen der Überwachungs-Neurotiker Thomas de Maiziere zurufen: „Wir werden den 30. Februar schon finden. Und wenn wir in jedem Schlafzimmer eine Kamera installieren müssen.“

Geheime Nachrichten

Wenn du demnächst beim Bäcker ein Mohnbrötchen kaufst, musst du dich wahrscheinlich ausweisen. Der Grund: Kampf gegen Terror! Auf dem Mohnbrötchen könnte in Blindenschrift eine geheime Nachricht verfasst sein.Opa Schlawutzke von nebenan will schon seit Jahren Kartoffeln in seinem Garten pflanzen. Aber er jedes Mal, wenn er einen Spaten in die Hand nimmt, um seinen Garten umzugraben, kriegt er einen Hexenschuss.
„Kannst du mir nicht nächstes Frühjahr eine E-Mail schicken“, bat er mich neulich bei unserem Freitagsbier am Gartenzaun, „und dann schreibst du: Hallo Schlawutzke, ich hab die zwölf halbautomatischen Gewehre bei dir im Garten vergraben. Dort findet sie niemand.“
Ich sag: „Bist du verrückt, was versprichst du dir davon?“
„Naja, dann brauch ich nur darauf zu warten, dass die GSG 9 kommt und mir den Garten umgräbt. Dann kann ich endlich meine Kartoffeln pflanzen.“

Und falls jetzt jemand mit dem bräsigen Totschlagargument kommt „Ich hab nichts zu verbergen!“, dann frage ich Sie: Schon mal was von Grundrechten gehört?
Und: Ja, ich habe etwas zu verbergen! Das nennt sich Intimsphäre. Es geht niemanden etwas an, ob ich meine Frau Hasi, Schnucki oder Autobahnraststätte nenne. (Gut, Autobahnraststätte ist jetzt ein blödes Beispiel.) Oder Muschi, so wie es Edmund Stoiber tut.
Mein PC ist doch nicht der FKK-Strand von St. Peter-Ording. „Hey schaut mal her, ich hab nichts zu verbergen!“

Mal ganz abgesehen, dass der Staat jetzt genauso arbeitet wie kriminelle Hacker. Wie bitte? Ach, Sie meinen der Staat war doch schon immer kriminell. Gut, wenn Sie das so sehen, aber schreiben Sie das nicht in Ihre E-Mail. Oder bei facebook.

Jetzt auch bei Bankraub: Lappen weg!

Außerdem wurden die neuen Regelungen für den Staatstrojaner regelrecht mit einem Trick an der öffentlichen Diskussion vorbeigeschmuggelt. Sie wurden an ein laufendes Gesetzgebungsverfahren angehängt. Dort geht es darum, dass der Führerschein auch bei anderen Straftaten eingezogen werden kann.Wahrscheinlich wegen Terrorgefahr. Weil es einen Terroristen davon abhält, mit dem Auto in die Menschenmenge zu fahren, wenn er keinen Führerschein hat. Logisch.
„Hey Abdul, morgen fährst du mit dem Auto in die Menge!“
„Geht nicht Chef!“
„Wieso?“
„Mein Lappen ist weg.“
Märtyrer werden mit einem Gesetzesbruch, das geht nicht.

Oder wenn du bei der Schwarzarbeit erwischt wirst. Dann kann dir tatsächlich das Gericht Fahrverbot auferlegen. Dumm gelaufen. Musst du mit dem Fahrrad zum Fliesenlegen fahren.

Auch wenn du eine Bank ausraubst, darf dir in Zukunft zusätzlich zu den zehn Jahren Knast der Führerschein entzogen werden. Das macht Sinn. Dann kannst du auf dem Gefängnishof nicht mehr mit deinem SUV rumkutschen.

Und wenn Sie, geneigter Leser, geneigte Leserin, jetzt denken, ich hab mir das alles ausgedacht. Nix da. Lesen Sie nach. Dieses Gesetz hat das Kabinett von Frau Merkel tatsächlich abgesegnet.

In diesem Sinne, fahren Sie schön in den Urlaub, genießen Sie Ihre Ferien. Und falls Ihr Partner Sie in Ihren freien Tagen zu sehr ärgert, denken Sie daran, gegen diese Art von Terror ist jeder Geheimdienst machtlos. Da hilft nur: Immer schön lächeln!


Fotos: Frank C. Müller [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

Spruch des Monats

„Man soll keine Dummheit zweimal begehen, die Auswahl ist schließlich groß genug.“

Jean-Paul Satre