Satirischer Monatsrückblick Juni 2020

von | Jun 29, 2020 | Aktuelles, Satirischer Monatsrückblick

Der Monat Juni hat uns allen gezeigt, auf welch kuriosen Flügeln die Satire über das Land hinwegschwebt.
Die Corona-Zeit treibt satirische Blüten und manchmal fragt man sich, ist es nun der Virus selbst oder die Berichterstattung über den Virus, die das ein oder andere Hirn-Areal in Mitleidenschaft zieht.

Und das nicht nur in Deutschland. In Österreich musste ein junger Mann viel Geld bezahlen, weil er sich Luft gemacht hat. „500 Euro Strafe für Furz vor Polizeibeamten“ titelt die Süddeutsche Zeitung. (Ein an sich seriöses Blatt, das jetzt schon über Fürze berichtet? Naja, vielleicht auch eine Nebenwirkung von Corona.)

Offiziell heißt es, ein 22-jähriger Wiener muss tief in die Tasche greifen, weil er „vor Polizeibeamten laut einen Darmwind habe entweichen lassen.“
Nun lässt sich darüber spekulieren, ob das Bußgeld niedriger ausgefallen wäre, wenn es ein leiser Darmwind gewesen wäre. Auf jeden Fall hat der arme Kerl sich wahrscheinlich nicht einmal freiwillig Luft verschafft, denn er gibt an, vorher ein Bohnengericht zu sich genommen zu haben.

Die größte Enttäuschung im Monat Juni war jedoch der Ausfall der Fußball-EM. Wie haben wir uns alle gefreut, dass es endlich losgeht. Kinder und fußballverrückte Erwachsene sammeln schon seit knapp zwei Jahren Teamsticker der Nationalmannschaft in Nutella-Gläsern, Duplo oder Hanuta.

Opa Schlawutzke von nebenan ist völlig verzweifelt. „Immerhin konnte man mit den Stickern einen Goldbarren gewinnen“, sagt er. „Und jetzt lassen die die EM ausfallen. Hab ich die 500 Gläser Nutella umsonst gekauft. Die zwanzig Paletten Hanuta und Duplo sind kein Problem, die verfüttere ich an meine Enkel.“

Opa Schlawutzke hat sich überlegt, ob er sich nun mit den Stickern die Küche tapeziert. Da können dann Jogis Buben zusehen, wie er jeden Tag sieben Nutella-Brote verdrückt. Das Zeug muss ja weg, damit es nicht ranzig wird. Aber gut, es hat ihn ja niemand gezwungen, die Pampe zu kaufen. War ja freiwillig.
„Ist ja für einen guten Zweck“, tröstet sich Opa Schlawutzke, „man hilft ja damit der verarmten Fußballbranche. Die müssen ja auch sehen, wo sie bleiben. Jetzt, wo sie nur noch Geisterspiele haben.“

Corona hat natürlich auch Vorteile gebracht. Früher musstest du deine Frau mit einer geheimen App auf dem Smartphone tracken, um zu wissen, wo sie einkaufen war.
Heute reicht es, sich ihren Browser etwas genauer anzusehen, denn in Corona-Zeiten geht sie online shoppen.
Ein Klick auf ihren Browser-Verlauf verrät: Sie war bei Zalando Schuhe kaufen, bei Amazon hat sie Nagellack bestellt, bei IKEA einen Bettvorleger erworben. Anschließend drei Stunden mit der besten Freundin geskypt.
Von den vier Sommerkleidern, die sie im Online-Shop von Deerberg gekauft hat, wird sie mindestens drei wieder zurückschicken, weil zu Corona-Zeiten die Grillabende zu üppig ausfallen. Das klingt zwar gemein, ist aber so.

Und dann war da noch im Juni die freiwillige Corona-App der Bundesregierung.
Diese App ist auch eine Art Browser-Verlauf. Du siehst genau, wer wann wo war. Die magischen vier W’s: Wer war wann wo? Die heilige Dreifaltigkeit eines jeden Geheimdienstagenten: Wer? Wann? Wo?

Die Corona-App ist ja nur konsequent.
Wenn wir schon Corona von den Chinesen bekommen haben, nehmen wir die Bespitzelung der Bevölkerung gleich mit dazu. Sozusagen als Bundle. Wenn schon, denn schon.

Natürlich muss man noch einmal betonen, die App ist freiwillig. Bei uns herrscht Demokratie. Der Chinese kann sich das nicht raussuchen, der wird getrackt, ob er will oder nicht. Bei uns ist das auch keine Überwachung oder Bespitzelung, da dient das zur Verhinderung einer zweiten Corona-Welle. Zur Aufklärung der Infektionsketten, damit man zurückverfolgen kann, wer hat mit wem Kontakt gehabt.

Man stelle sich das mal in anderen Bereichen vor. Eine Humor-App: Wann lachst du über welchen Witz? Die App erstellt ein Profil, damit man zurückverfolgen kann, wer hat wem den Witz weitererzählt. Und am Ende der Kette steht dann sozusagen der ursächliche Verbreiter. Der „Erfinder“ des Witzes. Und je nach Witz bekommst du eine Einladung von RTL zum Comedy-Grand-Prix oder eine Einladung von ein paar netten Herren des Bundesnachrichtendienstes. Damit Sie mich nicht falsch verstehen, du kannst die jeweiligen Einladungen auch ablehnen, das ist ja alles freiwillig.

Und ob Sie, geneigter Leser und geneigte Leserin des satirischen Monatsrückblicks, wollen oder nicht, nun kommt der Juli. Völlig unfreiwillig. Dem können Sie sich nicht entziehen. Sie müssen sich ihm stellen. Aber: Im Juli gibt es sicher auch wieder einige satirische Leckerbissen. Bleiben Sie also gesund und denken Sie dran: Immer schön lächeln!


Spruch des Monats
„Es gibt Leute, die geizen mit ihrem Verstand wie andere mit ihrem Geld.“
Ludwig Börne