Satirischer Monatsrückblick März 2019

von | Mrz 30, 2019 | Satirischer Monatsrückblick

Im März ging mir folgender Witz, den mein Großvater in der DDR erzählte, nicht aus dem Sinn:
„Zwei alte Spatzen saßen auf einem Baum und sahen, wie eine Kuh auf einer Wiese einen Haufen machte. Ein kleiner unerfahrener Spatz flog sofort auf den Kuhfladen und ergötze sich an der Köstlichkeit. Die Kuh jedoch schiss abermals und der zweite Fladen begrub den kleinen Spatzen unter sich.
Das ganze Schauspiel beobachtete auch eine Katze. Sie schlich gemächlich zum Kuhfladen und der kleine Vogel war eine leichte Beute für sie.
Darauf sagt der eine alte Spatz auf dem Baum zu dem anderen: ‚Siehst du, da haben wir es wieder: Nicht die, die uns bescheißen sind die schlimmsten, sondern die, die uns befreien.’“

Nun hatte diese Geschichte in der DDR durch den gesellschaftlichen Kontext ihre eigene Brisanz. Die Anspielung auf die große Sowjetmacht als Befreier – und als größeres Übel als das DDR-Regime – lag auf der Hand.
Vielleicht fragen Sie sich, was das alles mit dem „Satirischen Monatsrückblick März 2019“ zu tun hat.

Nun, im März 2019 stimmte das Europaparlament über die Reform des Urheberrechts ab.
Eine ganze Generation sieht sich ihrer Freiheit beraubt, zieht jammernd, wütend und wehklagend durch die Straßen. Sie befürchtet den Rückfall in die digitale Steinzeit, der Terminus „Uploadfilter“ verbreitet Schrecken wie im finstersten Mittelalter die Pest. Nichts wird mehr so sein wie früher, das Ende des Internets naht, wenn dieses neue Urheberrecht kommt, behaupten selbsternannte Cyber-Propheten.

„…nicht die, die uns bescheißen sind die Schlimmsten, sondern die, die uns befreien!“

Sie, liebe Leser des Monatsrückblicks, haben nichts zu befürchten. Falls Sie bis hierher durchgehalten haben mit dem Lesen, werde ich Sie nun mit einer guten Nachricht belohnen: Das neue Urheberrecht hat keinerlei negative Konsequenzen für Ihr weiteres Leben!

Urheberrecht bedeutet nichts weiter, als dass geistiges Eigentum geschützt wird. Gut, Sie haben recht, wo kein Geist ist, ist auch nichts zu schützen, deshalb verstehen es die meisten nicht, die sich jetzt darüber entrüsten.

Die Gegner des neuen Urheberrechts behaupen: Das Internet machte grenzenlose Demokratie und Transparenz möglich. Google, Facebook, YouTube bringen Informationen für alle, von allen, zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort.
Das digitale Netz befreite uns von unserer analogen Engstirnigkeit. Die Wirtschaft und die Politik bescheißen uns wieder einmal und wollen uns dieser Freiheit berauben.

Kann sein, dass das so ist. Kann aber auch sein, dass wir einfach wieder lernen müssen, zu unterscheiden, wer die Schlimmeren sind: Die, die uns bescheißen oder die, die uns befreien?

Und ganz am Rande: Wer Internet mit Freiheit gleichsetzt, hält Hundekuchen für Sahneschnittchen.
Äh…naja so ähnlich, aber Sie wissen, was ich meine.

In diesem Sinne, lassen Sie sich nicht in den April schicken. Und falls Sie einem Aprilscherz doch auf den Leim gehen: Immer schön lächeln!


Fotos: von rihaij

Spruch des Monats

„Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein.“

Unbekannt