Satirischer Monatsrückblick Mai 2015
Wieder gab es einen Bahnstreik. Und wieder stürzte sich die vereinte Presse Deutschlands auf Herrn Weselsky, dem Chef der Gewerkschaft der Lokomotivführer.
Ach, ist es nicht schön, wenn man ein gemeinsames Feindbild hat? Auf der Autobahn sind es die Holländer und auf dem Bahnsteig Claus Weselsky.
Ich könnte wetten, nicht einmal die Hälfte der Menschen, die wutentbrannt sabbernd auf dem Bahnhof geifern, wissen, worum es beim Bahnstreik eigentlich geht. (Sicher sind darunter auch ein paar Satiriker, Kabarettisten und Comedians, deren Bühnenprogramme ohne die Deutsche Bahn nur halb so lang wären).
Soll die Bahn ihre Leute ordentlich bezahlen, gibt’s auch keinen Streik. Fertig.
Eine regelrechte Hetzkampagne gegen den GdL-Chef wurde da gestartet. Der „Münchner Merkur“ bezeichnet ihn als gemeingefährlichen Irren und würde ihn gerne einmal einem Waterboarding unterziehen, das Manager-Magazin konstatiert, „…der Mann hat ein psychologisches Problem. Er braucht Hilfe…“ und die „Bild“ fordert auf, ihm mal die Meinung zu geigen und druckt seine Büro-Nummer ab. Focus zeigt das Foto seines Hauses inclusive Klingelschild undsoweiter undsoweiter.
Privatsphäre, Achtung der Persönlichkeit – das gibt es nur bei Bankern und korrupten Wirtschaftsleuten, bei Managern, die tausende Arbeiter entlassen.
Wahrscheinlich steckt Claus Weselsky auch hinter der Korruption bei der Fifa. Er hat wahrscheinlich alle bestochen, damit endlich mal ein anderer die Arschkarte hat, nämlich der Blatter Sepp. Oder noch besser, irgendwann zieht Sepp Blatter die Maske vom Gesicht und es ist – genau: Claus Weselsky!
In den sozialen Medien (facebook) bildete sich sogar eine Gruppe „Hooligans gegen Lokführer“. Tja, auch soziale Medien sind nicht frei von asozialen Elementen.
Der verlängerte Arm der Bild-Zeitung, Spiegel-Online, brachte sogar ein Streik-Quizz unter dem Titel: „Testen Sie ihr Wissen über den Mann, der Deutschland regelmäßig stilllegt.“
Ich würde gerne mal wissen, was ist mit der Frau, die Deutschland stilllegt?
Und wo ist eigentlich Ronald Pofalla? Der ist doch seit Januar Chef-Lobbyist der Bahn. Und der hat doch Erfahrungen mit Konflikten. Der könnte doch als Schaffner verkleidet, dem Ganzen ein Ende bereiten:„Ich erkläre den Bahnstreik als beendet.“
Und wenn ihn jemand fragt: „Wie willst du machen, dass die Züge wieder rollen, Donald…äh…Ronald?“, antwortet er näselnd-naiv: „Ich gehe auf Gleis 23 und lasse einfach einen fahren!“
Einige nennen es Wahlkampf-Trick, andere sprechen von Verrat. Auf jeden Fall war es gelogen. Und das gehört nun mal zum guten Ruf in Wirtschaft und Politik.
Nun muss man nicht viel Phantasie haben, was in anderen Ländern passieren würde, wenn ein Oberhäuptling seine eigenen Leute so hinters Licht führt. Da würden einige Skalps auf den Speeren der Stammes-Krieger hängen. Also Köpfe würden rollen. Aber an Mutti perlt das ab, wie ranziges Fett an einer Teflon-Pfanne. Da kommen doch so ein Bahnstreik und ein „Fifa-Skandal“ gerade Recht, da kann sich das Volk daran austoben. Aber lassen wir Bahn & Blatter hinter uns und blicken gen Osten. Die Chinesen haben sich im Mai eine neue Abschreckungs-Methode für korrupte Politiker einfallen lassen: Tagesausflüge mit Gefängnisrundgängen, an denen Politiker teilnehmen müssen.
Im Knast sehen die Politiker ihre Vorgänger in Gefängniszellen sitzen. Das soll abschrecken. – Ich finde das zum Schieflachen. Stellen Sie sich mal vor, Frau Merkel, Gabriel, Steinmeier und das blonde Sturmgewehr, also die Uschi von der Leyen, machen einen Rundgang durch die JVA Tegel – zur Abschreckung. Wahrscheinlich geht der Schuss nach hinten los und am Ende sind die Insassen abgeschreckt. Da willst du doch als Häftling gar nicht mehr aus dem Knast raus, wenn du siehst, was für Gestalten dich da draußen regieren.
Außerdem ist so eine Aktion in Deutschland unvorstellbar. Da sind uns die Chinesen weit voraus. Andererseits brauchen wir in Deutschland keine Abschreckungs-Methode für korrupte Politiker, denn hier gibt’s keine korrupten Politiker. – Hahaha, der war gut, gell? Auch die Australier sind uns Deutschen in gewisser Weise voraus. Nicht nur, dass sie beim Eurovisions Song Trallala Chanson Grand Prix Contest in Wien besser abgeschnitten haben als wir. Nein, die Australier wollen die Steuer auf Tampons streichen. Endlich! Zum Zeichen der Gleichberechtigung. Denn Kondome sind dort bereits jetzt steuerfrei zu haben. Und das ist eine Sauerei. Für den Blutsauger sollst du Steuern berappen und für das Schniedel-Mäntelchen nicht. Schreiende Ungerechtigkeit.
Aber völlig wurscht, ob Kondome ohne Steuer oder Tampons mit Steuer, wenn du im Juni mit der Bahn fahren willst, solltest du beides dabei haben, denn die Wartezeit kann lang werden. Denn während ich diese Zeilen schreibe, droht die Lokführergewerkschaft wieder mit Streiks – diesmal nicht die GdL sondern die andere Gewerkschaft, die EVG.
Und es wäre fatal, wenn du wegen mangelnden Lümmeltüten-Vorrats dem kleinen Sebastian-Frederik in ein paar Jahren erklären musst: „Sei froh, dass damals der ICE 1734 von Westerland nach Karlsruhe wegen Streik ausgefallen ist, sonst hätte ich mit deiner Mutter nicht die Nacht in der DB-Lounge verbracht und du wärst jetzt nicht da, mein kleiner Liebling.“
In diesem Sinne kommen Sie gut in den Juni. Und falls sie wegen des Streiks auf dem Bahnsteig stehen, denken sie dran, die Post streikt auch, die Erzieherinnen ebenfalls. Und wenn Sie das alles immer noch nicht tröstet, dann hilft nur: Immer schön lächeln!
Fotos: Marcello Casal Jr./ABr (ABr) [CC BY 3.0 br], via Wikimedia Commons; Frank Bergmann (Eigenes Werk) [CC BY 2.0 de], via Wikimedia Commons; Mikano aus der deutschsprachigen Wikipedia [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons; von Xehpuk (Selbst fotografiert), via Wikimedia Commons