Satirischer Monatsrückblick Oktober 2016
„Es gibt Tage, da wünscht ich, ich wär mein Hund“, sang einst der Liedermacher Reinhard Mey. Im Monat Oktober ging es mir ähnlich.
EU-Politiker suchen eine Einigung beim Freihandelsabkommen mit Kanada, Deutschland sucht händeringend einen Nachfolger für den Bundespräsidenten Gauck, Ingo Zamperoni sucht einen Schlusssatz für die Tagesthemen und ich suche Orientierung.
Da wäre es doch schön, sein eigener Hund zu sein. Da suchst du höchstens ab und zu das Stöckchen von Herrchen und sonst interessiert dich nichts. Außer Fressen, Saufen, Schlafen und Gassi gehen natürlich.
Vielleicht verstehe ich es ja nicht, aber ich frage mich wirklich, was ich von einem Freihandelsabkommen Ceta habe? Also ich persönlich. Und meine Nachbarn. Und all die anderen, die nicht gerade einem Konzern vorstehen.
Opa Schlawutzke von nebenan sagt: „Ceta – damit putzt meine Frau immer den Tisch sauber, wenn ich gekleckert habe.“
„Du meinst Zewa“, sag ich zu ihm.
„Zewa ist doch diese Frau, mit der man im Computer und im Handy sprechen kann.“
„Siri, Opa Schlawutzke, das ist Siri.“
„Ach hör mir doch auf mit diesem ganzen Technikkram, das ist doch ein bodenloses Fass.“
„Du meinst ein Fass ohne…“
Und da war er schon in seinem Haus verschwunden.
Ceta – da werden Drohgebärden inszeniert, die uns erzittern lassen sollen. Mit Ceta wird alles besser und einfacher und überhaupt, wenn Ceta nicht zustande kommt, wird die EU abgehängt im globalen Wettstreit. Dann teilen Amis, Chinesen, Russen und Inder die Welt unter sich auf.
Als würden wir ohne Ceta in die Steinzeit zurückgeworfen werden, verhungern, verdursten und uns wieder mit Rauchzeichen verständigen. Was soll das? Ich brauche es nicht. Wirklich.Die Wallonen sind die einzigen, die Courage hatten „Nein“ zu sagen.
Nachdem kräftig nachgebessert wurde, haben die Wallonen dann doch noch zugestimmt. Aber Ceta tritt nur vorläufig in Kraft und nicht in vollem Umfang, denn die einzelnen Länder müssen nun den Pakt noch ratifizieren und dann… Also ein „bodenloses Fass“, wie Opa Schlawutzke sagen würde.
Für ihr „Nein“ wurden die Wallonen von Zeitungen, Parteien und Politikern an den Pranger gestellt.
Das Ceta-Veto sei ein „Schritt zur Zerstörung der EU“, „Walloniens Nein entfacht Flächenbrand in Europa“, „Die Wallonie blamiert die EU“, „In Geiselhaft der Wallonen“ sind nur einige Überschriften, erdacht von journalistischen Hirnen.
Was soll das? Da nimmt sich jemand sein demokratisches Recht und wird niedergemacht.
Da werden Rechnungen aufgestellt: Drei Millionen Wallonen schwingen sich zum Verhandlungsführer von 500 Millionen EU-Bürger auf. Ist das gerecht? Ist das demokratisch?
Wer weiß, was uns die Wallonen alles erspart haben, irgendwann werden wir ihnen vielleicht dankbar sein. Die ganzen Verhandlungen klingen ein bisschen wie: „Jetzt unterschreibt schon endlich, wir wollen Feierabend machen.“
Nach nächtelangen Verhandlungen, wenn du drei Kannen Kaffee und vier Flaschen Sekt intus hast, weißt du doch ohnehin nicht mehr, was du als Politiker unterschreibst.
Einkaufszentren, Busse, Bahnen, Sportstätten, Parkplätze sollen videoüberwacht werden. Dazu kommt die Erprobung von Technik zur Gesichtserkennung an Bahnhöfen und Flughäfen.
De Maiziere will damit die Fahndung nach Terrorverdächtigen unterstützen. „Der Gesetzesentwurf nimmt demnach ausdrücklich Bezug auf die Bluttaten von Ansbach und München im Sommer“, heißt es bei der Süddeutschen Zeitung online.
Blöd nur, dass das in München gar kein Terrorist war, sondern ein Amokläufer.
Da fragt doch auch keiner, ist das gerecht oder demokratisch. Nur weil ein durchgeknallter Schüler unschuldige Menschen abknallt, werden jetzt Millionen andere videoüberwacht.
Herr de Maiziere könnte auch Waffen verbieten lassen in Deutschland. Oder Schützenvereine abschaffen. Aber nein, er lässt uns lieber videoüberwachen. Alles zur Terrorbekämpfung.
Und der gute Ingo Zamperoni muss uns das alles verklickern. In den Tagesthemen. Er ist nämlich seit Oktober der neue Moderator. Allerdings hat er im Moment ganz andere Probleme. Er braucht noch einen Schlusssatz. Sein Vorgänger Thomas Roth sagte immer „Kommen Sie gut durch die Nacht“.
Nun machen Internet-User Zamperoni Vorschläge. Zum Beispiel „Schlafen Sie gut – wenn das nicht schon geschehen ist“ oder „Möge die Nacht mit Ihnen sein.“
Und zu guter Letzt suchen wir noch einen neuen Bundespräsidenten, finden aber keinen geeigneten Kandidaten.
Wie bitte? Ingo Zamperoni? – Warum nicht. Als Bundespräsident brauchst du nur ab und zu „Freiheit“ in die Kamera zu krächzen. Da braucht man keinen Schlusssatz.
Kommen Sie gut in den November. Ob mit Halloween oder ohne. Und falls dann Ingo Zamperoni immer noch keinen Schlusssatz hat, ich hätten einen für ihn: „Gute Nacht, Deutschland!“
Meinen Schlusssatz gebe ich nicht her. Der gehört mir. Da bin ich eigen: Immer schön lächeln!
Fotos: von Alfons-Georg Zuellig [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons; Kuebi = Armin Kübelbeck (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons; Specialpaul (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons; Daniel Fafard („Daniel Fafard (Dreamdan)“) [Public domain], via Wikimedia Commons