Im Februar ging es nur um eins: Fehlende Fußnoten bei der Arbeit von unserem Ex-Doktor von und zu Guttenberg.
Seitdem frag ich mich, wenn du zum Beispiel zum Metzger gehst und ein Kilo Hirn von der Fleischtheke mitnimmst, ist das dann schon Aneignung fremden Gedankenguts? Und ist dann der Metzger dafür verantwortlich oder ich als Kunde? Schließlich muss fremdes Gedankengut als solches gekennzeichnet sein, sonst ist es ein Plagiat. Also falls Sie Metzger sind, stellen Sie einfach ein Schild neben den Bregen: „Dieses Hirn ist nicht von mir.“
Ganz Deutschland spielt verrückt. Alle rennen nur noch rum und suchen Fälschungen.
Meine Nachbarin hat eineiige Zwillinge, den Sven und den Silvio. Die beiden sehen sich dermaßen ähnlich, – wie eineiige Zwillinge halt. Neulich kam eine Dame vom Jugendamt und fragte, welcher von beiden das Original sei. Meine Nachbarin starrte sie nur an und sagte, der Sven wäre zuerst dagewesen, falls sie das meine. Dann bräuchte der Silvio eine Fußnote, sonst wäre er ein eindeutiges Plagiat, röchelte die
Dame vom Jugendamt. Sie solle unbedingt die Quelle nennen. Die Quelle wäre ihr Mann, sagte meine Nachbarin.
Ich bitte Sie, geneigte Leserin und geneigter Leser. Was ist los in Deutschland? Mich macht dieses ganze Guttenberg-Gewurstel ganz wuschig. Ich hab neulich sogar davon geträumt.
Ich träumte, ich wäre der Verteidigungsminister. Und ich ging zum Beichtvater meines Vertrauens. Zu Walter Mixa. Und Walter sagte zu mir: „Karl-Theodor, was hast du wieder angestellt? Du kannst doch bei deiner Doktorarbeit nicht einfach abschreiben. Du kannst Schmiergelder in Millionenhöhe annehmen, du kannst auf Kosten des Steuerzahlers Nutten engagieren, du kannst aus Geldgier eine ganze Volkswirtschaft in den Abgrund stürzen, Rentenkassen plündern, Kinder schlagen – aber nicht…“,
und Walter rang nach Luft, seine Stimme begann zu zittern,“…nicht bei der Doktorarbeit abschreiben!!!“
Und ich sprach: „Aber Walter, Beichtvater meines Vertrauens, ich habe doch gar nicht abgeschrieben. Das haben doch andere für mich getan…“
Und an dieser Stelle bin ich schweißgebadet aufgewacht.
Also ehrlich. Da bist du Verteidigungsminister und plötzlich entpuppen sich Gänsefüßchen als Tretminen.
Was unser Freiherr von und zu Guttenberg da als Doktorarbeit abgegeben hat, ist durch nichts zu rechtfertigen. Und selbst wenn du als Dieb auf der Flucht die Beute fallen lässt, hast du trotzdem noch geklaut. Dafür hat unser Schummel-Charlie ja mächtig eins auf die geölte Frisur bekommen. Andererseits hat die Uni Bayreuth alles durchgewunken. Und der Hehler ist bekanntlich schlimmer als der Stehler.
Noch mal zur Sachlage: Karl-Theodor zu Guttenberg befindet sich eigentlich in guter Gesellschaft. Egal ob Goethe, Büchner, Heine, Brecht oder Thomas Mann – sie alle haben sich bei anderen bedient, ohne auch nur eine einzige Fußnote zu setzen. Mit dem Unterschied allerdings, dass sie dies als Künstler taten, nicht als Wissenschaftler.
Wenn du als Künstler fremde Quellen verwendest und sie in einen anderen Kontext stellst, entsteht dadurch ein neues Kunstwerk. Und dieses ist dann kein Plagiat. Als Wissenschaftler geht das nicht. Da musst du jede Quelle angeben.
Hier mal ein Beispiel:
Ein paar Zeilen weiter oben schreibe ich: „Karl-Theodor zu Guttenberg befindet sich…“ usw. Diesen Satz hab ich einfach nur aus dem „Handelsblatt“ vom 17. Februar abgeschrieben. Durch den satirischen Monatsrückblick wird dieser Satz in einen neuen Kontext eingebunden und ich kann nicht als Dieb entlarvt werden. Prima, oder?
Was denken Sie, wenn all die Comedians im Fernsehen die Quellen ihrer Witze angeben müssten. Da würde die Harald-Schmidt-Show doppelt so lange dauern.
Oder denken Sie an all die Journalisten, die abkupfern, dass der Bleistift glüht. Ach, vergessen Sie es. Obwohl…
Im Internet hab ich von einem völlig neuen Beruf gehört: Plagiatsjäger.
Bisher kannte ich nur Großwildjäger, Autogrammjäger und Schürzenjäger. Aber Plagiatsjäger. Eine völlig neue Berufsgruppe. Menschen, die den ganzen Tag Suchmaschinen füttern, um zitierte Textpassagen zu finden. Das Denunziantentum ist wieder im Kommen. Wenn es darum geht, dem anderen ans Bein zu pissen, läuft der Deutsche zur Hochform auf.
„Gleiches Recht für alle!“ schreit das Volk. Da lacht sich der Adel doch schlapp. Gleiches Recht für alle. Das hieße dann auch, dass Sie der Doktorarbeit Ihres Zahnarztes genauso auf den Zahn fühlen dürfen, wie unserem Kopierweltmeister Karl-Theodor. Und ich bin mir sicher, so mancher hochdotierte Onkel Doktor würde dann zum Diplom-Mediziner degradiert und müsste nicht nur sein Stethoskop an den Nagel hängen.
Einen Tipp für unseren Herrn Ex-Doktor Guttenberg hätte ich doch noch. Ich würde an seiner Stelle die Doktorarbeit noch mal auflegen und nur den Titel ändern: „Das große Buch der Zitate“. Das wird dann in der Belletristik ein Bestseller. Und dafür verleihen wir ihm dann den Ehrendoktor.
In diesem Sinne – kommt gut durch den März und: Immer schön lächeln.