Pünktlich vier nach Neun spuckt uns die S-Bahn auf den Bahnsteig des Airports Hamburg-Fuhlsbüttel. Ein gehetzter Herr, ungefähr Mitte Fünfzig, stößt mit mir zusammen. Er riecht ziemlich verschwitzt.
„Klaus, nicht so schnell“, ruft ihm seine Gattin hinterher. In Blümchenbluse und mit Maiglöckchenduft hechelt sie hinterher und fährt ihren Koffer über meine Füße. Jeder hier könnte die nächsten knapp drei Stunden im Flugzeug neben mir sitzen oder im selben Hotel wohnen und für den gesamten Urlaub unser Zimmernachbar sein. Auch Klaus und seine Gattin. Also bleibe ich freundlich.
Eva hat ihren Koffergurt vergessen und geht in einem der Flughafenshops einen kaufen. Ich warte bei unserem Gepäck und beobachte das bunte Treiben in der Abflughalle.
Die Schlange am Check-In-Schalter wird immer länger. Wer es einmal bis dahin geschafft hat, kann sich glücklich schätzen, denn bevor man zum Schalter darf, muss man an einem der Automaten, die aufgestellt wurden, um Personal zu sparen, die Bordkarten lösen. Die meisten Reisenden stehen vor diesen Geräten und blicken sich hilfesuchend um. Die Fluggesellschaften haben eigens Personal abgestellt, das den Menschen dann weiterhilft. Je eine Person pro Automat. Ich hab das nie verstanden. Wenn man Automaten aufstellt, um Personal zu sparen, aber doppelt so viel Personal braucht, das den Leuten die Handhabung des Automaten erklären muss, worin besteht dann die Einsparung.
Eva kommt mit einem knallgelben Koffergurt zurück. Ich frage sie, wie sie sich einen knallgelben Koffergurt aussuchen konnte. Sie erwidert nur, das Gelb würde sich auf dem schwarzen Koffer gut abheben und so könne man den Koffer beim Abholen leichter auf dem Gepäckband entdecken.
Wir gehen zum Automaten. Er will unsere Buchungsnummer wissen. Wir tippen die zwölfstellige Zahl ein. Nichts passiert. Noch einmal. Wieder nichts. Wir blicken uns hilfesuchend um. Eine freundliche Dame erklärt uns, dass wir direkt zum Check-In dürften, weil wir im Reisebüro gebucht haben. Mein Blick fällt auf einen Werbeslogan „Noch nie war reisen so einfach!“
Ich liebe es, bequem zu reisen. Meine braunen Schuhe sind sehr bequem, haben allerdings den Nachteil, jedesmal bei der Flughafenkontrolle die rote Alarmanzeige auszulösen. Ein Mann von der Security erklärte mir einmal, es läge an den Absätzen. „Das sind Billigschuhe, da ist irgendwas Metallisches drin, worauf unsere Geräte reagieren“, waren seine Worte. Es bleiben uns fünfunddreißig Minuten bis zum Boarding und da ich wieder mit einer Leibesvisitation rechnen muss, beeilen wir uns.
Auf Korfu erwarten uns über dreißig Grad Celsius, also hab ich mir eine leichte Sommerhose angezogen, die ich vor Jahren mal im Schlussverkauf erstanden hab. Es gab sie damals nur zwei Nummern zu groß, doch sie gefiel mir so gut, dass ich sie trotzdem kaufte. Außerdem sah sie mit dem Gürtel, den ich bei dieser Hose wirklich brauche, noch schicker aus. Als ich die Hose heute Morgen anzog, hab ich nicht daran gedacht, dass ich vor der Sicherheitsschranke den Gürtel in eine der grauen Plastikschalen legen muss. So halte ich mit einer Hand lässig die Hose fest, damit sie mir nicht runterrutscht und gehe durch die Schranke. „Pieep! Pieep! Pieep!“ Die rote Lampe blinkt. Eine junge Frau von der Security bittet mich zur Seite und sagt, ich soll die Arme breit machen. Ich gebe ihr zu verstehen, dass meine Hose dann rutscht, weil ich den Gürtel ja ablegen musste, aber es interessiert sie nicht. Also stehe ich da wie ein Ampelmännchen bei Rot. Die Hose rutscht. Krampfhaft presse ich meine Beine zusammen.
Die Dame vom Sicherheitsdienst fährt meinen Oberkörper mit ihrem Detektor ab.
„Umdrehen bitte!“, sagt sie in kühlem norddeutsch.
Jetzt ja keinen großen Schritt machen, denke ich und tänzle mit zusammengedrückten Beinen wie ein Tanzbär ein halbes Mal um die eigene Achse.
„Das rechte Bein mal auf dieses Höckerchen stellen!“, fährt sie fort.
Bloß nicht! Ich stelle einen Fuß auf das kleine Plastikhöckerchen und es passiert. Die Hose rutscht weitere fünf Zentimeter.
„Sie können die Arme ruhig wieder runternehmen und die Hose festhalten“, sagt sie und lächelt mich dabei an.
„Natürlich“, stottere ich verlegen.
(Fortsetzung folgt!)
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