Monatsrückblick August 2012

War das ein heißer August, über 35 Grad im Schatten. Wohl dem, der zum Abkühlen grad am Mittelmeer lag. Ziemlich heiß war auch der Skandal, der immer noch heiß diskutiert wird: In Regensburg und Göttingen wurde mit Organen gehandelt. Jawoll, in deutschen Kliniken geht’s zu wie auf dem Bazar: „Ey Alter, gibtst du mir Niere, kriegst du Leber. Nur gute Ware, ich schwöre.“

Dabei wissen wir ja schon lange, dass Kliniken und niedergelassene Ärzte am Hungertuch nagen, regelrecht vom Aussterben bedroht sind. Die Kassen zahlen nichts und die Privatpatienten werden auch immer weniger. Da lohnt sich kaum noch, das Skalpell zu schärfen.

Jeder kennt ja inzwischen das klassische Abendgebet eines niedergelassenen Arztes:

„Lieber Gott, ich geb‘ Dir kund,
ich mach die Leut‘ nicht mehr gesund.
Ich bitte dich von Herzen,
lindre Du die Schmerzen,
auf dass sie sonst der Teufel hole,
ich will nur ran an ihre Kohle.
Das klappte doch bisher ganz gut,
O Herr, ich bitt dich, sei so gut,
erhöhe nicht die Renten,
schick mir Privatpatienten!“

Man muss halt zusehen, wie man sich als Doktor das Taschengeld etwas aufbessert. Mich würde es nicht wundern, wenn in Wartezimmern bald Werbeschilder hängen: „Nicht so auf die Sippe schimpfen, lieber mal zum Grippeimpfen!“ oder „Musst beim Kacken du sehr pressen, komm mal wieder Blutdruck messen!“

Und den Kliniken geht’s kaum anders. Da kann man schon verstehen, dass man schwach wird, wenn einem irgend so ein arabischer Scheich ein paar Scheinchen rüberschiebt. Frische Organe sind selten und nicht immer gibt es auf dem Weltmarkt gerade eine Lunge von garantiert freilaufenden mexikanischen Hochland-Gauchos. Also mal schnell zum Organe-Shoppen nach Deutschland.

Ich spare ja auch schon, wer weiß, was man im Alter so braucht. So eine Organtransplantation macht aus einem schlaffen hanseatischen Muschelschubser einen leistungsstarken Turbo. Außerdem, bei jeder Zigarette, bei jedem Schluck Alkohol, bei jedem Würstchen – immer gleich an das Herz, an die Leber oder an die Galle denken – wo bleibt da die Lebensqualität?

Lassen wir uns also nicht irreführen von solchen Parolen, wie: „Der menschliche Körper ist kein Ersatzteillager!“
Seien Sie doch mal ehrlich, nur weil irgendwo eine Schraube locker ist, schmeißen Sie nicht gleich den ganzen Traktor auf den Müll.
Herz, Lunge, Leber, Niere, Milz sind vom Materialwert Pfennigartikel, aber ohne sie läuft gar nichts. Und nur weil eines dieser Teile versagt, muss man heutzutage nicht mehr gleich ins Gras beißen.

Selbst vom gesellschaftlich-wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, ist so eine Transplantation ein lohnendes Unterfangen. Mit frisch eingepflanzten Organen stehen Sie nicht mehr auf dem gesellschaftlichen Abstellgleis, sondern laufen unter der Rubrik „runderneuert“ und: Sie ersparen ihren Angehörigen viel Leid, Kummer und die teure Erdbestattung.

Wahrscheinlich gibt es schon Vertreter, die wie die Zeugen Jehowas bei Öl-Multis und Oligarchen hausieren gehen, um das Budget von Kliniken etwas aufzubessern.
Ich kann mir das lebhaft vorstellen. Da sitzt ein geschniegelter Herr im Nadelstreifenanzug bei der Privataudienz von Roman Abramowitsch und säuselt ihm dubiose Werbeslogans ins Ohr, wie zum Beispiel:

„Ein leistungsstarkes Indio-Herz ist billiger als manch Winternerz! Mein lieber Herr Abramowitsch, Sie sollten nicht so viel Geld in abgewrackte Fußballspieler investieren, sondern mal an ihre eigene Gesundheit denken.
Sie dürfen ihren Organspender zwar nicht ausgestopft in ihren Vorgarten stellen, aber glauben Sie mir, auf diesem Wege sind schon viele Patenschaften zu Familien in der Dritten Welt entstanden – schließlich weiß man ja nie, was als nächstes kaputt geht, gell?“
Lächelt und ist wieder verschwunden um dem nächsten Multimilliardär seine Aufwartung zu machen.

Es kann auch sein, der Organspende-Markt verselbständigt sich irgendwann und dann gibt es Tauschbörsen. Dann liest man in Kleinanzeigen: „Biete Trizeps, suche Hirn!“ – Nee, das ist Schwachsinn, das geht nicht. Denn Trizeps sind ja Muskeln und kein Organ.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Kalle von der Muckibude das auch weiß. Der dealt mit Eiweißpräparaten und träumt davon, in Hawaii eine Strandbar aufzumachen, an der man nur Proteinshakes bekommt. Hat einen Intelligenzquotienten wie ein Dreipfundbrot, aber Oberarme, dagegen sind meine Schenkel Streichhölzer.

Bei Organen jedenfalls bin ich ein gebranntes Kind. Ich denke da immer sofort an das Neue Deutschland. Also an die Zeitung. Das war nämlich mal das Zentralorgan von Erich Honecker. Also von der SED. Erich Honecker wiederum wäre im August, also vor ein paar Tagen, 100 Jahre alt geworden. Ist er aber nicht, weil das Zentralorgan versagt hat. Naja, Sie wissen schon, was ich meine.

Wie dem auch sei, ich finde Organspende prinzipiell gut. Mir ist es jedoch nicht egal, ob meine Innereien mal an einen meistbietenden Scheich verschachert werden. Oder meine Leber, lange wenn ich schon von Würmern zerknabbert worden bin, immer noch wie blöd schuften muss, weil so ein durchgeknallter Russe, die dritte Flasche Wodka in sich reinschüttet.

Es ist schon erstaunlich, womit man sich im Sommermonat August beschäftigen muss. Dabei läge ich lieber an irgendeinem Strand in Griechenland und sinnierte über die griechische Troika: Ouzo, Metaxa und Helios.

In diesem Sinne, kommen Sie gut in den September und wenn Sie ihren Organen etwas Gutes tun wollen: Immer schön lächeln!

Abstand unten!