Bundesfinanzminister Schäuble hat eine Sondermarke für Flutopfer vorgestellt


Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble

Jetzt heißt es, fleißig Briefe schreiben.
Letzte Woche (11.7.2013) hat Bundesfinanzminister Schäuble eine Sonderbriefmarke „Hochwasserhilfe 2013“ mit Zuschlag herausgeben. Die Marke soll den von der Flut betroffenen Menschen helfen. Sie hat einen Wert von 58 Cent, der Zuschlag beträgt 42 Cent, kostet also glatt einen Euro.

Laut Bundespresseamt stellte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble in Berlin das Postwertzeichen der Öffentlichkeit vor.
Falls Sie hingehen wollten, hier die Daten: Am 11. Juli 2013, um 9.00 Uhr im Bundesministerium der Finanzen Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin

Gutes tun mit Briefmarken? Das ist kein Scherz. Auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums heißt es:
„Das immense Ausmaß der Hochwasserkatastrophe und die damit verbundene Notwendigkeit, rasch und unbürokratisch zu helfen, gaben den Ausschlag für die Herausgabe der Sonderbriefmarke. Der Erlös soll direkt den betroffenen Menschen in den Regionen zugutekommen – getreu dem Motto der Sonderbriefmarken mit dem Plus: ‚Gutes tun – mit Briefmarken helfen‘.“

Jetzt wissen wir also, was Mutti gemeint hat, als sie zu den Flutopfern sagte: „Wir werden rasch und unbürokratisch helfen.“ Sie meinte: „Schäuble schickt euch Briefmarken!“

Das Finanzministerium lobt die schnelle Herausgabe der Marke in den höchsten Tönen.
„Normalerweise dauert die Entwicklung eines Sonderpostwertzeichens von der Ausschreibung des Gestaltungswettbewerbs bis zur Ausgabe ungefähr ein Jahr“, heißt es auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums weiter.


Briefe schreiben – das ist Neuland!

42 Cent pro Marke gehen also an die Flutopfer. Wenn wir jetzt mal über den Daumen rechnen: Ca. 80 Millionen Einwohner hat Deutschland. Wenn jeder einen Brief schreibt, kämen nicht einmal 34 Millionen Euro Hilfe heraus.
Und da müssen wir die noch abziehen, die gar nicht schreiben können: Babys, Kindergartenkinder, NPD-Mitglieder. Sind also noch mal jede Menge Euros weniger, die die geplagten Wasserratten in den Flutgebieten nicht kriegen.

Briefe schreiben ist für uns alle Neuland.

Briefe schreiben ist für uns alle Neuland.

Mensch Wolfi, was hat dich da geritten? Geld mit Briefmarken in Zeiten von E-Mails, Skype und Twitter. Pass auf, dass dir nicht das ein oder andere Flutopfer die Luft vom Reifen lässt, wenn du ihm über den Weg rollst.

Kevin G., hat gerade die fünfte Klasse wiederholt. Der 17-jährige Hauptschüler aus Passau sagt offen, was er von der Idee mit dem Briefeschreiben hält:
„Ey Alter, Briefeschreiben, hörst du, Briefeschreiben, das ist für mich totales Neuland, Alter ey.“


Hilfe oder Hohn?

Auch in Sachsen ist die Stimmung gereizt. Frau H. Mund aus Spülen sagt:

...nicht mal mehr Briefkästen...

…nicht mal mehr Briefkästen…

„Das ist doch ein Hohn. Was nutzen mir die Briefmarken? Die Flut hat doch alles mitgerissen. Wir haben doch nicht mal mehr Briefkästen“, stöhnt die 74jährige.
Sie war früher Mathematik-Lehrerin und rechnet vor: „Selbst wenn ich mir selber Post schicke, mache ich immer noch Miese. 1 Euro bezahle ich für die Marke, 42 Cent krieg ich als Flutopfer, die anderen 58 Cent kriegt die Post. Ziehe ich jetzt die 58 Cent von den 42 Cent ab, dann bleiben Minus 16 Cent. Der Schäuble denkt wohl, wir sind meschugge.“

Herr K. Grüner aus Wurf meint: „Isch habb de Nase voll!“
Ähnlich sieht es Rainer Total aus Fall: „Das iss dor nur e Trobbn uffn heeßn Stein. Un von de Trobbn habsch erstemal genugg.“

Frau Große aus Beute ist da zuversichtlicher:
„Ich freu mich über die Hilfe. Hab allen Verwandten und Freunden geschrieben, sie sollen mir schreiben. Viele haben mir direkt darauf per E-Mail geantwortet.“

Auch Frau Not aus Stieg sieht die Briefmarken positiv:
„Ich finde die Idee von Herrn Schäuble toll. Die Leute müssen ja nicht Briefe schreiben. Es reicht, wenn sie die Marke in großen Mengen kaufen. Sie könnten damit auch das Wohnzimmer tapezieren. Dann lohnt sich der ganze Aufwand wenigstens.“


Klopapier statt Briefmarken – Ost und West wachsen neu zusammen

Klopapier statt Briefmarken

Klopapier statt Briefmarken

Doch nun mal ehrlich. Da hilft unser Wolfi, der Schäuble aus Berlin, der Deutschen Post AG wieder einmal, den Umsatz zu steigern. Wenn das mal kein unlauterer Wettbewerb ist.
Aber warum eigentlich Sondermarken?

Man hätte doch auch Klopapier mit Zuschlag rausgeben können. Von jeder Rolle Klopapier gehen 42 Cent schnell und unbürokratisch an die Flutopfer. Dann käme wenigstens richtig Kohle zusammen. Denn Kacken muss jeder. Wenn dann noch eine Darmgrippe Deutschland heimsucht, haben wir das nötige Geld bald zusammengekackt.
Unter dem Solidaritätsgedanken „Wir scheißen auf die Flut“ würden Ost und West neu zusammenwachsen. – Stattdessen Briefmarken!

(Achtung! Diese Seite kann Spuren von Satire enthalten!)


Fotos, von oben nach unten: Rudolf Simon (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons; Bundesarchiv, Bild 183-77247-0001 / Schmidt / CC-BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de], via Wikimedia Commons; Dr. Bernd Gross (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons; c_geb [CC-BY-SA-2.0]