„Was hast du denn die ganze Zeit gemacht?“, empfängt sie mich ungeduldig.
„Das erklär ich dir später“, sag ich und wir gehen in den Tunnel der Gangway. Vor dem Einstieg ins Flugzeug, steht ein kleiner Tisch mit Zeitungen. Klaus bepackt sich mit je einem Exemplar und klemmt sich den Packen von drei Tageszeitungen und zwei Illustrierten unter die Achsel. Dort rutschen sie ihm raus, also klemmt er sie unter das Kinn, damit er sich mit der freien Hand von der Bonbonschale bedienen kann, die die Stewardess reicht.
Wir sitzen in der letzten Reihe. Eva hat mir den Fensterplatz überlassen und sitzt in der Mitte, neben ihr am Gang eine junge Frau, dunkle Haare, mit lackierten Fingernägeln und Paillettenbluse. Auf der anderen Seite des Ganges ihr Freund. Ich ziehe mir noch einen Pullover über, weil ich die Klimaanlage in Flugzeugen nicht vertrage und von dem kühlen Luftzug einen steifen Nacken bekomme.
Die Flughöhe ist erreicht, wir sind über den Wolken und machen es uns gemütlich. Eva nörgelt, weil man in der letzten Reihe die Rückenlehnen nicht nach hinten klappen kann.
„Immer noch besser als neben Klaus und Gisela zu sitzen“, tuschle ich ihr ins Ohr.
Als die Getränke gereicht werden, kippt die Stewardess der jungen Frau neben Eva einen Tomatensaft über den Schoß. Als Entschädigung bekommen sie und ihr Freund einen Sekt spendiert. Während die dunkelhaarige Frau mit ein paar Servietten die Tomatensaftreste von ihrer Hose putzt, bittet sie Eva, ihre Zeitschrift zu halten. Sie liest Women’s Health. Ich blicke von meiner Süddeutschen Zeitung auf und studiere die bunte Titelseite des Frauenmagazins.
Zwischen „In 21 Tagen in Bikini-Form“, „So hält die Bräune länger“ und „Nackt besser aussehen“ entdecke ich die Schlagzeile „Worauf Männer im Bett stehen“.
„Das wüsste ich auch gerne“, sage ich zu Eva und tippe mit dem Finger auf die Buchstaben.
„Lieber nicht“, grinst sie, „sonst bist du nur frustriert, weil du den modernen Anforderungen der Gesellschaft diesbezüglich nicht mehr standhältst.“
„Wieso wird man als Mann über Vierzig zum sexuellen Wrack abgestempelt“, empöre ich mich.
Unsere Nachbarin unterbricht die aufkommende Diskussion, sie ist mit putzen fertig und möchte ihre Zeitschrift zurück. Ist vielleicht auch besser, elf Kilometer über der Erde keine Grundsatzdiskussionen über das Sexualleben des Mannes über Vierzig zu führen. Ich überlege kurz, ob ich mir am Kiosk die Zeitschrift kaufen soll. Aus den Augenwinkeln blicke ich noch einmal ins Heft der Schwarzhaarigen und lese: „Sportliche Eltern haben sportliche Kinder“. Ist doch eh alles Schwachsinn, was in diesen Zeitschriften steht, tröste ich mich, wohlwissend, dass meine Eltern nicht zu den Sportlichen gehören. Als mein Blick auf die Überschrift „Stubenhocker sind die besten Lover“ fällt, bin ich ganz froh darüber. Laut Women’s Health kann ich also wählen, ob ich lieber hantelschwingende Sportskanone sein will oder der gemütlicher Sofatyp, der ein Knaller im Bett ist. Die Entscheidung fällt mir nicht schwer. Ich kaufe Women’s Health doch nicht.
Ansonsten haben wir einen angenehmen Flug, das Putensandwich ist in Wirklichkeit Putensalami, aber wer wird denn so kleinlich sein, schließlich ist ja Urlaub.
(Fortsetzung folgt!)
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Eine weitere Bildergalerie über den Flug finden Sie am Ende dieser Seite!